Sie werden geschüttelt, geschlagen, sexuell missbraucht und sogar getötet: Die Zahlen misshandelter und missbrauchter Kinder stagnieren in Deutschland seit Jahren auf hohem Niveau. Der Deutsche Kinderverein e.V. prangert seit seiner Gründung 2012 permanent fehlende wirksame Schutzmaßnahmen an und hat nun ein Dialogbild veröffentlicht, das informiert und aufrüttelt.

„Die Zahlen in Deutschland sind erschreckend und sie bewegen sich nicht nach unten“, stellt Rainer Rettinger, Geschäftsführer des Vereins fest. Die Ausmaße des Problems hat die Hamburger Agentur Dialogbild im Auftrag des Kindervereins nun ehrenamtlich unter dem Titel „Jedes misshandelte Kind ist eines zu viel. Die Uhr tickt.“ visualisiert. Auf der symbolischen Uhr stehen als Spitze des Eisbergs 152 getötete Kinder im Jahr 2020 zwischen zwölf und fünf nach zwölf Uhr. Anders ausgedrückt: Jede Woche sterben drei Kinder, die meisten von ihnen unter sechs Jahren, an den Folgen von Misshandlung. Würden getötete Kinder immer von Experten begutachtet wäre die Zahl erheblich höher, befürchten Rechtsmediziner.

Dreizehn Kinder müssen täglich in Folge von Misshandlungen in Krankenhäuser – fast 5000 Misshandlungen erfasst die offizielle Statistik. Die Jugendämter holen jährlich rund 45.000 aus ihren Familien – zwei Drittel davon wegen akuter Kindeswohlgefährdung.

Etwa fünf Stunden der tickenden Uhr widmet das Dialogbild dem Themenkomplex sexuelle Gewalt und Internet. Alarmierend sind teils rasant steigende Zahlen von Cybergrooming (fast 4000 Fälle, plus 12 Prozent) und Fällen von kinderpornographischem Material im Netz (fast 19.000 Fälle, plus 53 Prozent!). Beim Cybergrooming versuchen Erwachsene, Kinder über Chats und soziale Medien anzusprechen, um sexuelle Kontakte anzubahnen.

Opfer sexueller Gewalt wurden im vergangenen Jahr knapp 17.000 Kinder in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass eine Million Jungen und Mädchen hierzulande jedes Jahr sexuelle Gewalt erleben. Das sind zwei Kinder in jeder Schulklasse.

„Über diese schrecklichen Zahlen und die Kinderschicksale dahinter muss in Deutschland geredet werden“, sagt Rainer Rettinger. Das Dialogbild solle dazu beitragen, das Ausmaß der Misshandlungen bekannter zu machen, damit auch die Politik endlich zu wirksameren Maßnahmen im Kinderschutz greift, so Rettinger weiter.