Essen. 58 Prozent der Deutschen sprechen sich dafür aus, Kinderrechte ausdrücklich ins Grundgesetz aufzunehmen. Das hat eine repräsentative Umfrage ergeben, die der Deutsche Kinderverein Anfang Mai vom Online-Meinungsforschungsinstitut YouGov durchführen ließ. Von den fast 2070 befragten Bundesbürgern erklärten nur 30 Prozent, gegen eine solche Verfassungsänderung zu sein; 12 Prozent zeigten sich unentschieden. Laut der Umfrage meinen zudem 54 Prozent der Befragten, bei politischen Entscheidungen in Deutschland würden die Interessen und das Wohl der Kinder eher nur „in unzureichendem Maße“ berücksichtigt.

Lediglich 35 Prozent der Umfrageteilnehmer sähen Kindeswohl und Kinderinteressen in eher ausreichendem Umfang in Beschlüsse der Politik einfließen, so die Untersuchung. 11 Prozent äußerten dazu keine Meinung. „Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass der Gesetzgeber die Interessen von Kindern endlich auch verfassungsrechtlich absichert“, erklärte Rainer Rettinger, Geschäftsführer des Deutschen Kindervereins in Essen.

Seine Organisation unterstützt den Ende März in den Bundesrat eingebrachten Initiativantrag des Landes Nordrhein-Westfalen, mit dem noch vor der Bundestagswahl eine Mehrheit für das verfassungsändernde Projekt erreicht werden soll. Die Familienpolitik wird nach Ankündigung der Parteien einer der Schwerpunkte des Bundestagswahlkampfes werden. Die Bundesminister Heiko Maas und Manuela Schwesig (beide SPD) sprachen sich, wie bereits die Konferenzen der Justiz- und Familien-Minister aus den Bundesländern, für eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz aus. Auch die „National Coalition“ aus 120 Verbänden hat die Politik nachdrücklich aufgefordert, entsprechend aktiv zu werden. Vor allem die CDU/CSU zögert jedoch noch, weil sie allzu weit reichende Eingriffsrechte in die familiäre Souveränität ablehnt.

Deutscher Kinderverein: Eltern sollen Kinderrechte besser durchsetzen können

Zu der Befürchtung von Kritikern, dass bei einer entsprechenden Ergänzung des Grundgesetz-Artikels 6 der Staat stärker in die Familien hineinregieren könne, sagte Rettinger: „Ein Stärken der Kinderrechte muss ja nicht damit einhergehen, die Elternrechte zu schwächen oder zu beschneiden“. Vielmehr würde der Staat stärker verpflichtet, Lebensverhältnisse und Entwicklungschancen zu schaffen, die für alle Kinder und Jugendlichen gleich und gerecht seien. „Eltern fiele es dadurch leichter, die Rechte ihrer Kinder gegenüber dem Staat durchzusetzen“, betonte der Geschäftsführer des Deutschen Kindervereins. Die Essener Organisation setzt sich für eine grundlegende Verbesserung des Kinderschutzes in Deutschland ein und fordert vor allem wirksamere Maßnahmen gegen Kindesmisshandlung.

Nach Rettingers Angaben erklärten bei der Online-Umfrage 28 Prozent der Deutschen, die UN-Kinderrechtskonvention nicht zu kennen. Diese ist vor genau 25 Jahren auch für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten. Fast zwei Dritteln der Befragten war nur der Begriff vertraut oder sie gaben an, lediglich eine vage Vorstellung davon zu haben, um was es sich bei der Konvention handelt; fünf Prozent zeigten sich als Kenner der Materie.

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