Den Deutschen Kinderverein erreichte in den letzten Tagen ein wahrheitsliebender, mutiger, bewegender und mitfühlender Brief von N. (wir schützen den Namen, indem wir ihn nicht veröffentlichen). Dafür, lieber N. sagen wir von Herzen Dank, auch dafür, dass wir den Brief veröffentlichen dürfen! Aber lesen Sie selbst:
Guten Tag an Sie alle,
ich möchte mich bedanken, dass es Menschen wie sie alle gibt. Menschen die sich für uns einsetzen, uns Kindern eine Stimme geben. Ich habe mit 6 Jahren nicht verstanden was alles passiert ist. Ich habe nicht begriffen, das einsperren, hungern und Gewalt verboten ist.
Ich konnte auf einmal nicht mehr lachen und hatte immer Angst. Meine Oma und mein Onkel haben alles versucht, aber keiner, auch kein Jugendamt hat geholfen. Über drei Jahre ging es mir ganz schlecht.
Dann hat mich meine Stiefmutter mit dem Kabel vom Elektroherd geschlagen und in den Keller gesperrt. Ein Kind aus der Nachbarschaft hat das erzählt und die Eltern haben mich mit Schummeln daraus geholt. Oma ist mit mir zum Arzt und dann kam ich zu meinen Pflegeeltern.
Ich konnte nicht mehr sprechen, habe immerzu eingenässt und eingekotet, nachts geschrien. Aber hier habe ich wieder gelernt zu leben und ein Kind zu sein. Ich habe nicht mehr gestunken, hatte keine Läuse mehr und ich habe immer Essen bekommen. Das war wie im Traum, meinem Wunschtraum. Hier wurde ich geliebt und was meine Pflegeeltern geschafft haben, das weiß ich heute erst richtig.
Ich habe nach einem Jahr wieder angefangen etwas zu lachen und es gibt ein Bild, da stehe ich in einem leeren Wasserfass (ich wollte testen, wie groß ich bin), da habe ich soviel Spaß gehabt und so gelacht. Unter dem Bild steht : „Lieber N., ich wünsche dir das du dieses Lachen nie wieder verlernst, auch dann nicht, wenn du lernst deine Vergangenheit zu begreifen.“
Heute lache ich immer wieder. Aber es macht mich etwas traurig, warum haben wir es so schwer Opferentschädigung zu bekommen. Warum? Meine Pflegeeltern haben für mich gekämpft, haben sich über das unmenschliche Gutachtergespräch beschwert und trotzdem kämpfen wir jetzt immer weiter für das, was da alles noch einbegriffen ist. Aber wie viele Kinder haben nicht das Glück! Meine Pflegemama hat mir, als ich ihre Webseite gefunden habe, alles vorgelesen. Lesen kann ich nämlich nicht so schnell. Es hat mich berührt, wie Sie alle für uns da sind, es hat mich sogar etwas zum Weinen gebracht.
Ich bin nur N., aber ich möchte mich für Ihre Hilfe im Namen all der Kinder nochmals bedanken. Danke!
Ich habe Glück gehabt, so eine Ersatzfamilie zu finden, eine die kämpft und nicht aufgibt. Eine, die mich zudem gemacht hat, was ich trotz Handicap heute bin.
Ich bitte Sie von Herzen, kämpfen Sie weiter für all die Kinder, die soviel Leid wie ich ertragen müssen. Nur Menschen wie Sie werden gehört. Wer hört und versteht uns? Wir sind die Opfer, tragisch, aber was zählt schon, was mit uns passiert ist.
Passen Sie in der Corona Zeit gut auf sich auf, bleiben Sie alle gesund und ich wünsche Ihnen alles Gute!
Ihr N.