Auch in diesem Jahr steht der Weltkindertag auf dem Kalender, zudem feiert am 20. November 2019 auch die UN-Kinderrechtskonvention ihr 30-jähriges Bestehen. „Doch gibt es eigentlich Grund zu feiern?“, fragt der Deutsche Kinderverein e.V. mit Sitz in Essen. Fälle wie Staufen, Homburg und Lüdge sind nur die Spitze eines Eisbergs aus Kinderleid in Deutschland.
Der Deutsche Kinderverein e.V. kritisiert aus diesem Anlass einen noch hinter verschlossenen Türen verhandelten Vorschlag zur Aufnahme der Rechte des Kindes in das Grundgesetz. Laut Spiegel fallen die in einer interministeriellen Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern verhandelten Entwürfe zur Formulierung eines Kindergrundrechtes weit hinter die UN-Konvention über die Rechte des Kindes zurück.
Demnach soll laut Artikel 6 des Grundgesetzes, der die Beziehung zwischen Eltern, Kind und Staat regelt, das Wohl der Kinder „angemessen“ oder „wesentlich“ berücksichtigt werden. Demgegenüber gebietet die von Deutschland ratifizierte UN-Kinderrechts-konvention eindeutig, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Ver-waltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, das Wohl des Kindes „vorrangig“ zu berücksichtigen.
Der deutsche Kinderverein setzt sich für die Übernahme dieses Vorranggebotes durch eine Klarstellung im Grundgesetz ein und fordert Transparenz über die Vorgänge in der seit Juni 2018 unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe.
Mit Blick auf die weit verbreitete körperliche und seelische Gewalt gegen Kinder und auf ihre abhängige Stellung in Familie und Gesellschaft muss das Ziel einer Verfassungsänderung die Verbesserung, nicht die Verschlechterung der Rechtstellung des Kindes sein.
Die in Berlin derzeit beabsichtigte Einschränkung der Vorrangstellung des Kindeswohls im Grundgesetz macht keineswegs deutlich, dass jedes Kind ein Recht auf Würde und auf Schutz hat. „Es ist beschämend und ein trauriger Tag für Kinder, sollte diese Regelung tatsächlich den Weg ins Grundgesetz finden“, so der Deutsche Kinderverein.
Weiterhin hat die UN-Konvention vor 30 Jahren viele richtige, aber von den Kindern nicht direkt einklagbare Rechte normiert. Es wird Zeit, die Gesetzgebung entsprechend anzupassen. “Mit der derzeitigen Formulierung sind wir immer noch in der jetzigen Situation, dass Elternrecht vor Kinderrecht gilt. Das Wohl des Kindes fällt damit wie so oft nicht nur aus dem Blick, sondern wird dadurch nochmals verstärkt“, so Rainer Rettinger.
Zudem verweist der Deutsche Kinderverein auf die schon jetzt bestehenden Initiativrechte der Kinder im Sozialgesetzbuch § 8. Sie gilt es endlich bekannt zu machen, in den Kindergärten, den Schulen und jedem einzelnen Kind, für welches das Jugendamt tätig wird:
- Das Recht eines jeden Kindes auf Information und Beteiligung (§ 8 Abs. 1 SGB 8)
- Das Recht eines jeden Kindes auf vertrauliche Beratung in Notsituationen (§ 8 Abs. 3 SGB 8).
- Das Recht eines jeden Kindes auf Inobhutnahme ohne Angaben von Gründen (§ 42 SGB 8)
Kinder, die psychische oder physische Gewalt, Vernachlässigung und sexuelle Gewalt erleben, haben ein Recht darauf, dass ihnen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln „vorrangig“ geholfen wird. Viele andere Gesetze, besonders traumatisierter Kinder und Jugendlicher auf adäquate Hilfe und dauerhaften Schutz vor ihren Eltern müssen folgen, um die UN-Konvention zu verwirklichen.
„Natürlich ist es uns bewusst, dass Kinderrechte kein Schutzschild gegen Gewalt und Missbrauch sind, aber eine Verankerung im Grundgesetz nimmt den Staat im Zweifel für das Kind und nicht für die Eltern in die Pflicht“, sagt Rainer Rettinger anlässlich des 30jährigen Jubiläums der UN-Kinderrechtskonvention.“