Anlässlich des Safer Internet Day (SID) am 9. Februar 2021 erklärte Rörig: „In der digitalen Welt reicht eine freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter alleine nicht aus, um Kinder und Jugendliche wirksam vor sexueller Gewalt im Netz zu schützen. Wir brauchen endlich ein neues Jugendschutzgesetz, das auch Interaktionsrisiken in den Fokus nimmt. Damit sollen Anbieter wie Facebook oder Google verpflichtet werden, Kinder und Jugendliche auf ihren Plattformen besser zu schützen. Sie tragen Verantwortung, die verbindlich geregelt sein muss.“ Die Novelle des Jugendmedienschutzgesetzes (JuSchG) befindet sich derzeit im Bundestag in der parlamentarischen Abstimmung.
Vor allem das sogenannte „Cybergrooming“, das gezielte sexualisierte Umgarnen und Manipulieren von Kindern im Internet, hat enorme Ausmaße angenommen. Personen mit pädokriminellen Neigungen melden sich in Chats oder Foren oft unter falschem Namen an und geben sich als gleichaltriges Kind aus. Aus der verständnisvollen Unterhaltung wird dann mehr: Es werden intime Berichte, Fotos oder sogar persönliche Treffen gefordert. Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen, sollen Plattformbetreiber auch verpflichtet werden, wirksame Alterskontrollen und Beschwerdesysteme einzurichten.
Laut der Studie „EU Kids online“ des Hans-Bredow-Instituts sind jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge im Alter von neun bis 17 Jahren im Netz bereits mit intimen, anzüglichen Fragen konfrontiert worden. Von 2018 auf 2019 ist die Zahl der Cybergrooming-Fälle in Deutschland, die der Polizei bekannt geworden sind und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden, um 34 Prozent auf rund 3.300 gestiegen.
Durch die Corona-Quarantäne sei die Gefahr des Cybergroomings noch einmal gestiegen, warnt die europäische Polizeibehörde Europol. Kinder und Jugendliche verbringen aktuell mehr Zeit vor Handys, Konsolen und Computern, durch die soziale Isolation entsteht auch eine höhere Bereitschaft, persönliche Sorgen oder Wünsche über digitale Wege, Chats beispielsweise, mitzuteilen. Das wiederum erhöht die Gefahr sexueller Übergriffe im Netz.
Cybergrooming ist eine Straftat. Nach § 176 StGB ist das Kontaktieren von Kindern unter 14 Jahren mit sexuellen Absichten – durch Informations- oder Kommunikationstechnologie – verboten und wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Seit 2020 kann auch versuchtes Cybergrooming strafrechtlich verfolgt werden:
„Dass der Versuch des Cybergroomings unter Strafe gestellt wurde, war ein wichtiger Schritt. Täter können so effektiver verfolgt werden, wenn sie mit dem Ziel im Netz unterwegs sind, sexuellen Missbrauch anzubahnen“, sagt der Unabhängige Beauftragte. „Strafverfolgung ist allerdings nur eine Seite – wir brauchen für Kinder und Jugendliche auch eine vernünftige Begleitung auf ihrem Weg in die digitale Welt und eine Aufklärung über die dort bestehenden Risiken. Eine Aufklärung, die Perspektiven jenseits von Katastrophenszenarios zeigt und Gefährdungen und Gefahren deutlich macht.“
Eltern und Erziehende können frühzeitig auf Anzeichen für Cybergrooming achten und sollten Kindern und Jugendlichen im Umgang mit sozialen Medien zur Seite stehen. Auch Sicherheitsregeln, wie das Ausschalten der Computer- und Smartphone-Kamera oder die Rücksprache mit den Eltern bei neuen Kontakten, können helfen, das Risiko einer unerwünschten, für das Kind möglicherweise folgenreichen Kontaktaufnahme zu verringern.
Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und die Initiative SCHAU HIN! werden gemeinsam in den kommenden Tagen vor allem in sozialen Netzwerken mit Postings und einem Video über Cybergrooming informieren. SCHAU HIN! hat Cybergrooming auch in einem neuen TV-Spot thematisiert, der Anfang Februar erstmals ausgestrahlt worden ist und das gesamte Jahr 2021 über bei Das Erste und beim ZDF gezeigt wird.