Misshandelt oder unglücklich gestürzt?
Deutscher Kinderverein zeigt die Unterschiede der Verletzungen
Menschen, die beruflichen Umgang mit Kindern haben, bekommen unweigerlich auch immer wieder Spuren von Verletzungen zu sehen. Wirklich beim Toben auf dem Spielplatz ausgerutscht und gestürzt? Oder könnte da doch die wütende Hand eines Erwachsenen im Spiel gewesen sein? Welcher Kinderarzt, Jugendamtsmitarbeiter, Lehrer, Erzieher oder Polizist hat sich diese Frage nicht schon gestellt. „Wir fordern schon lange, dass Menschen dieser Berufsgruppen bereits in der Ausbildung für die Folgen von Misshandlungen sensibilisiert werden“, sagt Rainer Rettinger, Geschäftsführer des Deutschen Kindervereins e.V.
Der Verein veröffentlicht nun eine Illustration, die aufzeigt, welche Verletzungen typisch für Stürze oder ein Anstoßen sind und welche nicht. Prellungen an der Stirn, der Nase und dem Kinn sowie Abschürfungen an den Handinnenflächen, Knien und Schienbeinen lassen sich gut mit den üblichen Unfällen beim Spielen und Toben in Einklang bringen. Bei Verletzungen an Handrücken und Unterarmen oder an den Außenseiten der Oberschenkel wird das schon schwieriger. Weiter zeigt die Illustration die sichtbaren Folgen von Schlägen gegen den Körper oder das Gesicht sowie die Verletzungen durch glühende Zigaretten und großflächige Verbrennungen und Verbrühungen. Bei Bisswunden lässt sich am Abstand der Eckzähne abmessen, ob sie von einem Kind oder einem Erwachsenen stammen, Würgemale sollten sofort ärztlich untersucht werden.
Neben dem Verletzungsbild zeigt das Plakat des Kindervereins auch weitere Hinweise auf, die auf Misshandlung deuten können: das Fehlen einer nachvollziehbaren Erklärung für die Wunden etwa, Verhaltensauffälligkeiten oder auch die Häufung vieler unterschiedlicher Verletzungen. Ein verspätetes Aufsuchen medizinischer Hilfe bei schweren Verletzungen wird als hochgradig verdächtig eingestuft.
Federführend wurden die Inhalte der Illustration von Dr. Saskia Etzold, Oberärztin/stellvertretende
ärztliche Leiterin der Gewaltschutzambulanz der Charité – Universitätsmedizin Berlin, zusammengestellt. Visuell umgesetzt wurde das Thema von der Hamburger Agentur DIALOGBILD. Wie dringend nötig derartige Informationen heute in Deutschland leider sind, zeigt die Polizeistatistik: im Jahr 2018 wurden 136 Kinder durch Misshandlung getötet, mehr als 4.000 Misshandlungen gezählt – man geht von einer hohen Dunkelziffer aus.
Die Illustration kann auf der Website des Kindervereins kostenlos heruntergeladen werden: www. deutscher-kinderverein.de. In Planung ist eine Verbreitung via Social Media und eine Kampagne, die Schulen und pädagogisches Fachpersonal erreicht.