Vertreter des Deutschen Kindervereins treffen in Berlin mit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) zusammen

Essen/Berlin.  Vertreter des Deutschen Kindervereins wollen eine grundlegende Veränderung des Kinderschutzes in der Bundesrepublik erreichen. Hierzu trafen am Donnerstag (19.3.) der Geschäftsführer des Deutschen Kindervereins Rainer Rettinger und der renommierte Rechtsmediziner Prof. Dr. Michael Tsokos, Charité, in Berlin auf  Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). 

Zusammen sollen neue Wege erläutert werden, wie dem Thema Kindesmisshandlung schnell und effektiv begegnet werden kann. Grundlage dazu bildete das Dialogbild.

So schlagen die Kinderschützer Veränderungen des Heilberufe- und des Bundeskinderschutzgesetzes vor. Ziel sollte es sein, unter Kinderärzten einen interkollegialen Austausch zu ermöglichen, um dem Phänomen des „Doktor-Hoppings“ begegnen zu können. Familien, die ihre Kinder misshandeln, wechseln häufig den Kinderarzt, um so die Gewalt zu verschleiern. Bislang hindern der Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht die Mediziner, sich mit ihren Kollegen sich zu besprechen. Übergriffe auf Kinder bleiben so aber lange Zeit unentdeckt. 

Zusätzlich sollte eine Reaktionspflicht für Mediziner eingeführt und das Bundeskinderschutzgesetz geändert werden, schlägt Rettinger vor. So bald nur der leiseste Verdacht auf Kindesmisshandlung besteht, müssten die Ärzte auch einschreiten. Außerdem muss jedes Kind, dem Gewalt zugefügt wurde,  rechtsmedizinisch untersucht werden. In Hamburg ist dies bereits gesetzlich geregelt und auch praktiziert.

Überdies sollte es gesetzlich normiert werden, dass Jugendamtsmitarbeiter und andere Kinderschützer rechtsmedizinisch geschult werden. Zudem fordert der Deutsche Kinderverein eine valide Evaluation von Jugendhilfemaßnahmen. „Wir plädieren auch für eine bundesweite Kampagne, die über das Schütteltrauma aufklärt und aufzeigt, wie gefährlich es ist, einen Säugling so zu behandeln“, erklärte Professor Tsokos, Rechtsmediziner der Charité Berlin.

2013 starben 153 Kinder in Deutschland an den Folgen von Misshandlung. Immer mehr Kinder in Deutschland führen ein Leben voller Misshandlungen. Täglich gibt es 40 Fälle von Missbrauch. Sie werden geschlagen, getreten, gequält und fast jeden zweiten Tag stirbt eines von ihnen – mitten unter uns.

Deshalb erhoffen sich Rettinger und Tsokos von dem Gespräch mit Manuela Schwesig, dass eine Expertengruppe aus Medizinern, Juristen, Rechtsanwälten und  Kinderschützern unter Leitung des Ministeriums gebildet wird, die grundlegende Veränderungen auf den Weg bringen.

Hintergrund: Der Deutsche Kinderverein mit Sitz in Essen setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 2012 für die Rechte der Kinder ein. Schwerpunkt seiner Arbeit bildet Artikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention, der sich zu Gewaltanwendung, Misshandlung und Vernachlässigung äußert. Misshandlung an Kindern darf nicht tabuisiert, ignoriert oder gar bagatellisiert werden, weder von der Politik und Justiz noch von den Jugendämtern und schon gar nicht von uns, der Gesellschaft. Mit TV- und Radiospots, Kampagnen und Veranstaltungsreihen will der Deutsche Kinderverein die breite Öffentlichkeit für das Thema Kindesmisshandlung sensibilisieren und ein Bewusstsein dafür schaffen.

Zum Dialogbild in Orginalgröße (PDF, 20MB)

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